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Eine gewagte These, meint ihr? Stimmt, sagt der geschulmeisterte Verstand. Nachdem ich mich jedoch näher mit Pflanzen befasst und vor allem meine nähere Umgebung eine zeitlang beobachtet hatte, kam ich zu dem interessanten Schluss, dass mir die Pflanzen nachlaufen, mit denen ich mich näher beschäftige.
Im dem kleinen Gartenstück um die Wohnung, die ich im Januar 2006 bezog, wuchs nicht viel, außer Rasen, ein paar Büschen, einer Rabatte Kartoffelrosen und den großen Eichen. In der Ecke, die noch am meisten Sonne abbekam, legte ich einen Minigarten an, mit Apfelbäumchen, darunter ein paar Stauden und Kräutern.
Im selbigen Sommer suchte ich auf meinen Kräuterstreifzügen in der Umgebung überall die echte Kamille , die leider sehr selten geworden ist, weil sie keine überdüngten Böden mag. Der innige Duft dieses zarten Wesens lässt mir einfach das Herz aufgehen. – Glücklich war ich, als ich sie am Feldrand eines Biohofes im Wendland auf einem sommerlichen Ausflug tatsächlich fand und die Nase träumerisch in einen gepflückten Strauß Kamillenblüten versenkte.
Wenig später entdeckte ich plötzlich in meinem kleinen Beet eine blühendes Kamillenpflänzchen. Nase rein – kein Zweifel, es ist nicht die überall anzutreffende Hundskamille, es ist die echte! Ein eingeschleppter Samen aus dem Wendland? Da wäre sie immerhin ganz schön schnell gewachsen ...
In diesem Jahr war ich gespannt, ob die Kamille sich wieder zeigt. Als einjährige Pflanze musste sie sich über Samen verbreiten und ich hatte mich wohlweislich gehütet, sie zu "verwerten". Ich beobachtete das Beet, doch vergebens. Wie erstaunt war ich, als ich dann fünf kleine Pflänzchen zwischen den Pflastersteinen vor der Terrassentür vorfand (die ich beim Pflasterjäten dann natürlich stehenließ). Sie hatte sich so mitten vor die im Sommer meistbenutzte Tür gesetzt, dass ich immer darauf achten musste, sie nicht umzutreten. Hier wuchs, blühte und duftete sie bis in den Herbst hinein und ich bin gespannt, wo ich sie nächstes Jahr antreffen werde!
Auch andere Pflanzen kamen und scheinen sich, trotz ungünstiger Umstände hier recht wohl zu fühlen. Im ersten Jahr fand ich von der ebenfalls innigen Freundin Schafgarbe nur ein paar kleine Blattrosetten an der sonnigsten Stelle im Gras. Ich konnte kaum darauf hoffen, dieses sonnenliebende Gewächs hier blühen zu sehen, ebenso das sonnenliebende Johanniskraut . Nichtsdestotrotz wuchsen und blühten im ziemlich schattigen Rasenstück unter den Eichen diesen Sommer sowohl Schafgarbe als auch Johanniskraut! Das gelegentliche Sensen des Grases artete damit in eine kunstvolle Übung des Selektivschnitts aus.
Auch der Beifuß fühlte sich hier nach kurzer Zeit wohl (war das nicht auch ein Sonnenanbeter?) und das letzten Spätherbst ohne große Hoffnung unter die Eichen gesetzte Stück Beinwellwurzel entwickelte sich zum Wachstumsrenner der Saison und wurde wesentlich üppiger als der in herrlicher Sonne stehende Bruder im Freundesgarten.
Die Kartoffelrosen übrigens, die ich früher abschätzig als biedere Rabattenpflanze betrachtet hatte, habe ich inzwischen auch ins Herz geschlossen. Ihre Blüten, die vom späten Frühjahr bis zum Herbst leuchtende Farbtupfer setzen, duften nicht nur zauberhaft – die Früchte geben auch ein ausgesprochen leckeres Mus ab. Also rechtzeitig ein paar Handvoll pflücken, bevor die Vögel den Tisch abgeräumt haben!