Angelica Archangelica
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Die Engelswurz, zur Familie der Doldenblütler gehörend, ist wohl mit guten zwei bis zweieinhalb Meter Höhe die größte, krautige Heilpflanze unserer Region. Die Botaniker haben ihr den Artnamen Archangelika gegeben, was Erzengelpflanze bedeutet. Der heilige Erzengel Raphael soll einem Einsiedler diese Pflanze gezeigt haben, damit er dadurch den Menschen Hilfe bringe in unheilbaren Krankheiten.
Diese Begebenheit wird auch in dem Kräutermärchen der Angelika von Folke Tegetthoff aufgegriffen: Dort lebt die kleine Angelika als einzig überlebendes Kind in einem Dorf voller Lebeleute, die ihre Seele längst an Satan übergeben hatten. Alle Kinder waren schon vom Teufel geholt, nur die sehr schwache Angelika ließ er liegen, weil er dachte, dass Gevatter Tod sie sowieso bald holen würde. Eines Tages betrat ein Bettelmann das Dorf, der recht bald von den Einwohnern des Dorfes erbarmungslos vertrieben wurde. In der Nacht trat ein Engel an das Bett der sehr kranken Angelika und berichtete von einer Pflanze, die sie heilen könnte, würde man sie mit unschuldigen Händen pflücken. Alle Leute des Dorfes wollten der kleinen Angelika gerne helfen, aber niemand hatte unschuldige Hände! Da fiel ihnen der Bettelmann ein. Sie liefen aus und holten ihn zurück. Er wußte von dieser Pflanze mit dem Namen Engelwurz - auch "Heiliggeistwurz" genannt - und konnte sie mit seinen unschuldigen Händen pflücken. Sie kochten der kleinen Angelika daraus einen Tee und sie kam schon bald wieder zu Kräften. Überall im Dorf hing man das Kraut dieser Pflanze auf und der Teufel machte seit diesem Tage einen weiten Bogen ums Dorf. Seit diesen Tagen ist wieder das Gute in die Leute eingekehrt und viele Kinder spielen auf den Straßen. Aus der kleinen Angelika ist mittlerweile eine schöne junge Frau geworden und im Dorfe kennen alle das heilsame Kraut, welches alle nur kurz Angelika nennen.
Ist es nicht eine rührende Geschichte? Ach, wie wünsche ich mir diese Einsicht auch für uns! Und wie sehr freue ich mich, draußen im Garten zu sehen, wie die ersten Blätter der Angelika aus dem Boden sprießen, die allererste Pflanze, die ich hier in meiner neuen, alten Heimat pflanzte. Wie sehr freue ich mich schon darauf, sie das ganze Jahr über im eigenen Garten wachsen und gedeihen zu sehen! Denn die Angelika ist wirklich vom Himmel geschenkt. Sie ist eine Gottesgabe, die nicht mit Geld zu bezahlen ist! Angelika hat eine alles überragende Heilkraft: Der bekannte französische Naturarzt Mességué erzählt von einem Mann aus seinem Dorfe, der 120 Jahre alt geworden ist, weil er anstatt zu rauchen so gerne die Wurzel der Angelika gekaut hat. Angelika wird empfohlen bei Krankheiten der Verdauungssysteme und der Atemwege, bei Herz- und Kreislaufleiden und zur Kräftigung der Nerven. Sie gilt als starkes Tonikum und ist in vielen bekannten Arzneien enthalten; so in den Schwedenkräutern nach Maria Treben, im Melissengeist der Karmeliternonnen, im Essig der vier Räuber (einem alten Rezept der badischen Pharmazie) und im Chartreuselikör der Kartäusermönche.
Überhaupt sorgten die Mönche im Mittelalter dafür, dass die Erzengelswurz bei uns heimisch wurde. Leider sind ihre Vorkommen in heutiger Zeit stark dezimiert und es gilt der echten Angelika nur mit größter Ehrfurcht zu begegnen. Weit verbreiteter ist die kleinere und in ihrer Wirkung schwächere Waldengelswurz (Angelica sylvestris). Aber auch diese kann für heilende Zwecke durchaus verwendet werden. Bedenke aber, dass es eine Vielzahl - teilweise auch sehr giftiger - Doldenblütler bei uns gibt und du dir ganz sicher sein mußt, dass du es mit der Engelswurz zu tun hast. Hier findest du noch eine kleine, aber recht einprägsame Bestimmungshilfe: "Ist der Stängel kantig rauh, ist´s der Wiesenbärenklau; ist der Stängel glatt und rund, ist´s die Wurz vom Engel."